Nachrichten / 21.2.2020, 23:04 Uhr
Hanau-Viele Tote nach Schüssen in Hanau - Mutmaßlicher Schütze tot
Bei mehreren Gewalttaten im hessischen Hanau sind
zehn Menschen getötet worden, auch der mutmaßliche Täter ist nach
Angaben der Ermittler tot. Stunden nach dem Verbrechen an zwei
unterschiedlichen Tatorten mit neun Toten entdeckte die Polizei die
Leiche des mutmaßlichen Todesschützen in seiner Wohnung in Hanau - dort
fanden Spezialkräfte noch eine weitere tote Person. Insgesamt kamen
damit elf Menschen am Mittwochabend und in der Nacht zum Donnerstag ums
Leben.
  • Forensiker arbeiten an einem Tatort in Hanau-Kesselstadt an einem Mercedes. Durch Schüsse sind im hessischen Hanau mehrere Menschen getötet worden. −Foto: Boris Roessler/dpa
Forensiker arbeiten an einem Tatort in Hanau-Kesselstadt an einem Mercedes. Durch Schüsse sind im hessischen Hanau mehrere Menschen getötet worden. −Foto: Boris Roessler/dpa
Hanau,20.2.2020
Die genauen Hintergründe für die außergewöhnliche Gewalttat sind bislang
unklar. "Aktuell gibt es keine Hinweise auf weitere Täter", berichtete
die Polizei am frühen Donnerstagmorgen auf Twitter.
https://twitter.com/Polizei_soh

Die ersten Schüsse fielen den Ermittlern zufolge
gegen 22 Uhr. Am Heumarkt in der Hanauer Innenstadt blicken Passanten
später in der Nacht immer wieder fassungslos auf die Szenerie am
abgesperrten Tatort. Nicht weit entfernt in einer Seitenstraße liegen
Patronenhülsen auf dem Fußweg, auch hier ist noch unklar, was genau
passiert ist. Nur rund zwei Kilometer davon entfernt im Stadtteil
Kesselstadt befindet sich ein weiterer Tatort. Dort wurden ebenfalls
Schüsse abgefeuert. Eine mögliche dritte Schießerei im Stadtteil Lamboy
bestätigte sich nicht. Die Polizei war aber auch dort mit einem
Großaufgebot vor Ort. Später in der Nacht kreist ein Polizeihubschrauber
über Hanau. Die Informationen fließen nur spärlich. Von der Polizei
heißt es nur, vom Tatort Heumarkt sei ein dunkles Fahrzeug
davongefahren.

Shisha-Bar als Tatort

Es
ist ein Verbrechen, das die beschauliche und nur wenige Kilometer
östlich von Frankfurt gelegene Stadt in ihrer jüngeren Geschichte noch
nicht erlebt hat. Einer der Tatorte ist eine Shisha-Bar am Heumarkt,
einer Straße, die etwas am Rande der Innenstadt von Hanau mit seinen
rund 100.000 Einwohnern liegt. Es ist keine schmucke Gegend,
Spielhallen, Wettlokale und Döner-Imbissbuden prägen das Straßenbild -
und am späten Mittwochabend auch Polizeisirenen, Blaulicht und
Absperrband.

(Video:https://www.pnp.de/nachrichten/panorama/Elf-Tote-nach-Schuessen-in-Hanau-Mutmasslicher-Taeter-tot-3611075.html)

Die Polizei fordert Passanten und Schaulustige auf,
den Bereich zu verlassen. Beamte mit Maschinenpistolen sichern die
Umgebung ab. Menschen stehen in der Nähe der mit Flatterband
abgesperrten Bereiche und weinen. In der Gegend kurven wuchtige
Sportkarossen umher. Männer versammeln sich in mehreren Grüppchen nahe
der Absperrungen. Die Stimmung pendelt zwischen Entsetzen,
Sprachlosigkeit und Wut. Eine laut wehklagende Frau wird von Sanitätern
in ein nahe gelegenes Hotel gebracht. Dort sitzen später im
Frühstücksraum noch weitere Frauen versammelt, mit Tränen in den Augen.

Anwohner posten mutmaßliche Videos vom Tatort

Die
Nachricht von den Schüssen hat sich wie ein Lauffeuer über die Sozialen
Medien verbreitet. Anwohner posten mutmaßliche Videos vom Tatort,
offenbar kurz nach der Tat aufgenommen. Der zweite Tatort ist fast in
Laufnähe, mit dem Auto sind es bis dahin nur etwa fünf Minuten. Der
Kurt-Schumacher-Platz liegt in einem Wohnviertel. Dort befindet sich im
Erdgeschoss eines Wohnblocks eine Art Kiosk, mit der Aufschrift "24/7
Kiosk" auf der großen Glasscheibe, auf einem Reklame-Leuchtschild steht
"Arena Bar & Café". Der Blick ins Innere ist versperrt, die Scheiben
sind teils halbhoch mit orangefarbener Folie beklebt.

Auf
dem Platz vor dem Café steht eine beschädigte Limousine, die
Frontscheiben sind zum großen Teil mit Rettungsdecken abgedeckt. Später,
die Spurensicherung läuft schon längst, wird ein Feuerwehrzelt, das
auch als Sichtschutz dient, um das Auto herum aufgebaut. Auch hier hat
die Polizei die Gegend weiträumig gesichert, ein schwer bewaffneter
Beamter steht dabei. Immer wieder fahren Einsatzwagen der Polizei zum
Tatort, auch Krankenwagen fahren durch. Während tief in der Nacht unten
auf dem Parkplatz die Spurensicherung läuft, sind manche Fenster in dem
neunstöckigen Gebäude noch erleuchtet. Hier und da flimmert ein
Fernseher.

Nur wenige Menschen sind hier in der
Nacht noch unterwegs, einige kommen aber bis an das Absperrband der
Polizei. Sie seien Freunde oder Angehörige von den Opfern, berichten
sie. Unter ihnen ist auch ein 24-Jähriger, der nach eigenen Angaben der
Sohn des Kioskbesitzers ist. Er sei bei der Tat nicht vor Ort gewesen,
sein Vater auch nicht, wie er erst später erfahren habe. Als er von den
Schüssen gehört habe, sei er sofort hergekommen. "Ich habe erstmal einen
Schock bekommen." Die Opfer seien Leute, "die wir jahrelang kennen". Es
seien zwei Mitarbeiter und eine Person, die er schon von klein auf
kenne. Wer verübt solch ein Verbrechen? Der 24-Jährige ist ratlos: "Wir
kennen sowas nicht, wir sind auch nicht mit Leuten zerstritten. Wir
können es uns gar nicht vorstellen. Es war ein Schock für alle."

Oberbürgermeister: "Ein furchtbarer Abend"

"Die
Gedanken sind heute Morgen bei den Menschen in #Hanau, in deren Mitte
ein entsetzliches Verbrechen begangen wurde", schrieb Regierungssprecher
Steffen Seibert am Donnerstagmorgen auf Twitter. "Tiefe Anteilnahme
gilt den betroffenen Familien, die um ihre Toten trauern", fügte er
hinzu. Seibert äußerte die Hoffnung, dass die Verletzten bald wieder
gesund werden.

Auch der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky
(SPD) zeigt sich in einer Sondersendung von "Bild live" erschüttert über
die Gewalttaten. "Das war ein furchtbarer Abend, der wird uns
sicherlich noch lange, lange beschäftigen und in trauriger Erinnerung
bleiben." Die Hanauer Bundestagsabgeordnete Katja Leikert (CDU) sagte
der Deutschen Presse-Agentur: "Ich bin erschüttert darüber, was passiert
ist." Auf Twitter schrieb sie: "In dieser fürchterlichen Nacht in Hanau
wünsche ich den Angehörigen der Getöteten viel Kraft und herzliches
Beileid." Und: "Den Verletzten eine hoffentlich schnelle Genesung. Es
ist ein echtes Horrorszenario für uns alle. Danke an alle
Einsatzkräfte!!" − dpa

Kommentare
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Muehli schrieb am 21.2.2020, 23:06 Uhr:
Ausführlicher Bericht:
https://www.focus.de/politik/deutschland/hintergruende-unklar-lizenz-fuer-anschlaege-welle-der-kritik-an-afd-nach-hanau-bluttat_id_11684030.html
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